Besinnliche Weihnacht
Geschockt starr ich auf die Karte meiner besten amerikanischen Freundin, die
gleichzeitig auch meine einzige amerikanische Freundin ist.
„Besinnliche Weihnacht!“ – besinnlich? Das war Weihnachten mal, als ich vier
war. Höchstens. Und als sich der Heiligabend nur darum drehte, meiner Barbie ein
neues Ballkleid zu bescheren – oder mir ein neues Outfit. Und die Feiertage nur
dazu da waren gutes Essen zu bekommen und endlos Weihnachtsschokolade zu
verdrücken.
Ich
geb' zu, die Weihnachtsfeiertage haben ihre Bedeutung für mich nicht verloren –
aber besinnlich ist das keinesfalls.
Schaut man sich zum Beispiel meinen Kalender für Heiligabend an, sieht man
sofort, dass er stressiger sein wird als ein Tag von Madonna – die morgens ihren
Personaltrainer beansprucht, anschließend 5 Interviews gibt, schnell 2
Musikvideos und einen Film dreht und schließlich einem Kaballagottesdienst
lauscht.
Und warum? Wegen der Verwandtschaft. Und wenn eines schlimmer ist, als an einem
Tag von Nürnberg (Essen bei Papa und Opa) über Fürth (Essen bei Schwester und
Schwager mit Mutter) nach Großschwarzenlohe (Essen bei Schwiegereltern) zu
tigern.
Dann
die Tage VOR Heiligabend. Richtig. Weihnachtsgeschenke kaufen.
Und
jedes Jahr frage ich mich wieder: Warum tun wir uns das an? Wäre es nicht viel
leichter ein „Anti-Weihnachtsgeschenke-Abkommen“ zu schließen, wie meine
Freundin Tatjana und ich?
Dann
müsste man nicht am 24. Dezember um 13.59 Uhr verzweifelt durch den Karstadt
laufen. Oder besser: Sich mitdrücken lassen. Von den ca. 200.000 anderen, die
versuchen DAS Topfset für die Freundin, oder DAS Kakteenbefeuchterset für die
Mama oder gar DEN original Ferrari Schutzleutblinker für die Uhr des Mannes von
Heute für den Vater zu bekommen.
Und
wenn man es tatsächlich schafft – was niemand tut – sich bereits am 23.12 durch
die Innenstadt pressen zu lassen. (Und ich rede hier wirklich von den total
verrückten Leuten, die wirklich vorm heiligen Abend schon eine Idee haben, was
sie ihren Lieben schenken sollen) – findet man eh nix. Außer natürlich, man
macht es so wie meine Schwester und ich. Wir schenken uns jedes Jahr einen 25
Euro Douglas Gutschein, und ein Armband. Gegenseitig. Das nenn ich mal Idee.
Als ich heute Morgen meiner Arbeitskollegin davon erzählte, kam sie auf die
wahnwitzige und komplett verrückte Idee, das Armband doch tatsächlich durch
OHRRINGE (!!!) zu ersetzen. Das muss man sich mal vorstellen ;-)
Denn
irgendeine Tradition braucht Weihnachten ja doch.... Und wenn es nur ein
Gutschein und Schmuck ist.
Eure
Marina (2005/06)
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