Chefredakteurin am Steuer
Okay,
ich bin erst 15 - aber trotzdem der Meinung, dass man früh genug damit anfangen
sollte. Man muss doch Erfahrungen sammeln, um sich später nicht komplett zu
blamieren....
Ich halte mich auf keinen Fall für zu jung oder unreif... ich bin sehr reif für
mein Alter! Sicher, zuuu früh ist auch nichts, aber 15 ist doch wohl okay?!
- Ihr
wisst inzwischen sicher wovon ich rede: Autofahren!
Mit
obigen Argumenten habe ich es nach stundenlangem betteln schließlich auch
geschafft, meinen Vater davon zu überzeugen, dass es nur Vorteile mit sich
bringt, wenn er mir sein Auto zur Verfügung stellt, damit ich damit am
Übungsplatz herumkurven kann. Als wir endlich da waren, setzte ich mich mit
erwartungsvoller Aufregung hinters Steuer.
"Und was
machst du jetzt als erstes?"
fragte
mein Vater mich, mit dem Charme eines Kindergärtners, der einen auf Fahrlehrer
macht.
"Spiegel einstellen."
Mein
Vater nickte stolz - bis er sah, dass ich den Spiegel nur so einstellte, dass
ich meinen Lippenstift nachziehen konnte... Einige Vorträge über "gewissenhaftes
Fahren" später durfte ich also aufs Gas-Pedal treten - dachte ich.
Gerade hatte ich das Pedal angetippt, vernahm ich ein gequältes
"NEIN"
vom
Beifahrersitz. Mein fragender Blick wurde sogleich mit einem
"Du
musst das gefühlvoller machen - nicht so ruppig - das ist ein Auto!"
Ja,
richtig... Pures Metall... ist schon klar, dass ich da was kaputtmachen
könnte,... *augen verdreh*....
Als
ich es also endlich geschafft hatte, das Gaspedal
gefühlvoll, sanft und äusserst emotional
durchzudrücken, fuhr ich - stolz wie Holz - (um es in Sashas Worten
auszudrücken) über den Übungsplatz.
Eine Kurve Links, einen verzweifelten Vater rechts auf dem Beifahrersitz.
Witzig
wurde es erst, als ich in einer Rechtskurve den Motor abwürgte. Den Motor
abzuwürgen, hatte ich zwar bereits mehrmals geschafft, aber noch nie mitten in
einer Kurve...
"Fährst
du mich bitte hier raus?"
fragte
ich mit zuckersüßer Stimme.
"Nein,
das musst du schon selbst schaffen"
Mein
Vater saß erwartungsvoll da - während ich ihm erklärte, dass dabei er, ich und
das Auto schwer zu Schaden kommen werden. Zwar zuckte er kurz, als ich erwähnte,
dass dem Auto etwas passieren könnte, doch er blieb hart: Fahr selbst. Naja,
wenn er das kann, kann ich das auch, dachte ich - blieb bei meiner Meinung, und
somit stur - mit verschränkten Armen - hinter dem Steuer sitzen.
Nach
längerem Anschweigen (20 Minuten) und anschließendem Streit (10 Minuten) war
unsere Stunde auf dem Übungsplatz auch schon wieder vorbei und mein Vater setzte
sich widerwillig ans Steuer. Ich lächelte triumphierend und nahm auf dem
Beifahrersitz platz.
"Hätten wir keine zeitliche Begrenzung, hätte ich nicht nachgegeben, hörst du?"
- die
Antwort meinerseits war ein überhebliches Grinsen und die Gewissheit, dass er
sowieso aufgegeben hätte.
Einige
böse Blicke von den anderen Autofahrern - die waren wohl sauer, dass wir eine
halbe Stunde lang eine Straße blockiert hatten - und schon waren wir wieder auf
"normaler" Straße - wo
das
Autofahren von Minderjährigen verboten
ist,
ich weiterhin
durch
die Gegend kutschiert werde,
während der Fahrt gerne auch in den
Sekundenschlaf
verfallen kann, es niemanden kümmert, wenn ich auf der Autobahn meinen
Lippgloss nachziehe
-
zumindest noch die nächsten 3 Jahre.
Eure
Marina (2005/06)
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